Website-Texte, die alle ansprechen
Website-Texte: Gendern oder nicht?
Wer ein Briefing erstellt, um gute und konsistente Website-Texte schreiben zu lassen, stößt schnell auf die Frage, ob die Texte „gegendert“ sein sollen oder nicht. Dabei gilt zunächst: Jede Art, mit diesem Thema umzugehen, gendert auf eine Weise. Die Frage ist nur, ob inklusiv gegendert werden soll oder nicht.
Welche Argumente sprechen dafür oder dagegen, im Marketingkontext zu gendern? Die folgenden Punkte sind meiner Meinung nach besonders wichtig, um eine fundierte Entscheidung zu treffen:
Pro: Gendern spricht mehr Menschen genau an
Diverse Studien haben inzwischen nachgewiesen, dass es einen Unterschied macht, ob gegendert wird oder nicht. Wer gendert, macht Frauen, Agender, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen sichtbar. Versuche zeigen deutlich, dass beispielsweise eine Gruppe von „Wissenschaftlern“ in der Vorstellung der Lesenden oft nur aus Männern besteht, während eine Gruppe von „Wissenschaftler*innen“ als deutlich diverser wahrgenommen wird.
Es ist handelt sich in meinen Augen auch nicht um eine „Interpretationsfrage“; es ist nicht so, als würden sich Menschen plötzlich irgendwie „fühlen“.
Wenn du mit deinen Texten möglichst viele Menschen ansprechen möchtest, solltest du sie in den meisten Fällen auch so formulieren, dass sich alle angesprochen fühlen. Genauso wie heute kaum noch Briefe an „Familie Ernst Müller“ verschickt werden, halte ich es für veraltet, Menschen nicht in ihrer geschlechtlichen Identität anzusprechen.
Pro: Sichtbarkeit hilft marginalisierten Gruppen
Deine Marketingtexte müssen nicht die Welt verändern, aber Sprache trägt dazu bei, dass Menschen sich repräsentiert fühlen. Die Welt ein kleines bisschen besser zu machen – insbesondere für Menschen, die um ihre Sichtbarkeit kämpfen müssen – ist meiner Meinung nach immer ein Schritt in die richtige Richtung.
Auf der anderen Seite ist es natürlich so, dass Menschen sich nicht repräsentiert fühlen, wenn sie in der Sprache deines Unternehmens unsichtbar bleiben.
Wenn dein Unternehmen den Anspruch hat, möglichst diskriminierungsarm zu handeln, ist Gendern eigentlich unumgänglich.
Pro: Gendern kann dein Image unterstützen
Manche Unternehmen können es sich kaum leisten, nicht zu gendern. Gendern steht für Inklusion, Modernität und Progressivität. Du kommst um Gendern kaum herum, wenn:
- …dein Unternehmen ethische Motive hat, alle Menschen gleichberechtigt anzusprechen,
- … du oder dein Unternehmen Frauen in der Wirtschaft stärken möchte,
- …oder wenn deine Unternehmensidentität von ähnlichen Werten geprägt ist
Nicht zu unterschätzen ist dabei auch der Einfluss auf mögliche Bewerber*innen: Mit Sprache prägst du deine Unternehmenskultur. Wenn du die Geschlechtsidentität in ihr „ausblendest“ (bzw. dich auf das generisch männliche beschränkst), ist die Chance hoch, dass Menschen sich unwohl fühlen groß. Sie werden weniger Unterstützung und dafür mehr Potenzial für verletzende Situationen erwarten. Das bedeutet auch, dass dein Unternehmen gerade für viele junge Menschen als Arbeitgeber unattraktiv ist.
Pro: Mit Menschen zusammenarbeiten, die zu dir passen
Wenn du eher als kleines Unternehmen oder Solo-Selbstständige*r unterwegs bist, hilft dir Gendern sehr wahrscheinlich dabei, Interessierte „auszusieben“, mit denen du ohnehin nicht auf einer Wellenlänge liegst. Das macht deinen Arbeitsalltag wesentlich schöner und entspannter.
Pro: Gendern kann ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein
Dadurch, dass du Menschen genau ansprichst und damit ein bestimmtes (menschenfreundliches) Image transportierst, hast du in vielen Zielgruppen einen echten Wettbewerbsvorteil. Gerade bei deinen Website-Texten ermöglicht Gendern eine viel genauere Ansprache und erhöht dadurch die Wahrscheinlichkeit für Verkaufsabschlüsse und Imagegewinn.
Contra: Gendern kann Menschen abstoßen
Nur wenige Themen haben so stark polarisiert wie das Gendern. Wenn deine Zielgruppe eher traditionell orientiert ist, könnte Gendern sie verärgern und dort sogar zu einem Imageverlust führen.
Natürlich gibt es diese Ansichten auch unter jungen Menschen. Es ist also leider nicht immer so einfach: Junge Zielgruppe = gendern, eher alte Zielgruppe = nicht gendern.
Contra: Gendern ist nicht immer elegant
Gendern führt zuweilen zu sprachlichen „Ungetümen“. Zudem gibt es keine einheitlichen und festgelegten Regeln dafür. Ein Beispiel:
- Das Wort „Arzt“ als „Ärzt*in“ zu gendern ist problematisch, da „Ärzt“ kein existierender Wortstamm ist.
- Alternativen wie „ärztliches Fachpersonal“ sind korrekter, jedoch lang und stilistisch oft weniger ansprechend.
Gerade bei einer lockeren oder emotionalen Tonalität kann es schwierig sein, eine gendergerechte und zugleich ansprechende Formulierung zu finden.
Contra: Gendern und Suchmaschinenoptimierung (SEO) ist schwierig
Suchmaschinen können mit gegenderten Begriffen oft nicht umgehen. Suchen nach „freie Texterin“, „freier Texter“ und „freier Texterin“ liefern völlig unterschiedliche Ergebnisse. Bei „freier Texterin“ erscheinen teilweise komplett irrelevante Themen.
Daher ist es aktuell schwierig, Gendern und SEO zu vereinbaren. Viele Unternehmen verzichten in Meta-Beschreibungen, Titel-Tags oder Überschriften auf Gendern, um ihre Auffindbarkeit nicht zu gefährden.
Manchmal ist es eine Einzelfallentscheidung. Begriffe wie „Mitarbeitende“ oder „Studierende“ haben sich bereits etabliert und können problemlos verwendet werden.
Und: Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis Suchmaschinen und Co. hier aufholen und in der Lage sind, immer aussagekräftige Ergebnisse zu liefern. Allerdings: Suchmaschinen bilden Vorurteile und Vorannahmen in den Suchergebnissen mit ab und in gewisser Weise ist das sogar ihr „Geschäft“. Menschen möchten das finden, was sie suchen und nicht hinterfragen, ob ihre Suchanfrage Vorurteile enthält. Dementsprechend gehe ich sehr davon aus, dass sich die Suchergebnisse auch weiterhin unterscheiden werden.
Contra: Gendern kann auch exkludieren
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Gendern gerade bei der ersten Begegnung verwirrend sein kann. Zwar begreifen die meisten Menschen das Prinzip schnell, aber für Nicht-Muttersprachler*innen oder Menschen mit kognitiven Einschränkungen kann es zu Verständnisschwierigkeiten führen.
Für diese Zielgruppen empfiehlt sich allerdings ohnehin, wichtigere Texte zusätzlich in einfacherer Sprache anzubieten. Außerdem lässt sich der zusätzliche Aufwand durch guten Stil und kurze Sätze verkleinern.
Fazit
Die Entscheidung für oder gegen Gendern sollte sich an deiner Zielgruppe orientieren:
- Jünger, weiblicher, queerer, progressiver, umweltbewusster, akademischer? Gendern ist oft sinnvoll, besonders im B2C-Bereich.
- Älter, männlicher, traditioneller? Gendern oder Doppelnennungen könnten weniger passend sein.
Auch dein Unternehmen spielt eine Rolle: Je mehr du auf Werte wie Inklusion und Gleichberechtigung setzt, desto eher solltest du gendern. Wenn SEO für dich sehr wichtig ist, kann ein Kompromiss notwendig werden, wie beispielsweise nicht in Überschriften und Meta-Daten zu gendern.
Übrigens: Viele einigen sich ohnehin auf eine Prioritätenliste:
- Genderneutrale Formulierungen, soweit möglich,
- Gendern mit Sternchen oder Doppelpunkt,
- Doppelnennungen.
Dass Unternehmen komplett auf Gendern verzichten, kommt immer seltener vor.
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